Kommunalpolitik

Kommunalpolitik bedeutet für uns ein gutes Leben für Alle in lebenswerten Städten und Gemeinden. Soziale Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und die direkte Beteiligung der Bürger_innen sollen das Leben in unseren Kommunen bestimmen. Unser Ziel ist eine solidarische und demokratische Gestaltung unseres Gemeinwesens. Hier verbinden wir Protest und Widerstand gegen die herrschende Politik mit konkreten Alternativen, welche die Lebensbedingungen der Menschen verbessern.

Städte und Gemeinden müssen ein größeres Stück vom Steuerkuchen abbekommen, um nicht länger nur den Mangel zu verwalten. Um der kommunalen Schuldenfalle zu entrinnen und Städte und Gemeinden wieder Handlungsspielräume zu geben, damit sie ihre öffentlichen Aufgaben gut erfüllen können, wollen wir eine umfassende Gemeindefinanzreform.

Weitere Informationen finden Sie auf der Website der  Linksfraktion Hessen.

Nachrichten

Wohnen ist ein Menschenrecht: Bezahlbaren Wohnraum schaffen und öffentliche Daseinsvorsorge erhalten!

3. Wiesbadener Erklärung linker Kommunalpolitiker_innen in Hessen vom 15. September 2012

Die Situation auf dem hessischen Wohnungsmarkt hat sich in den vergangenen Jahren weiter zugespitzt. Immer häufiger trifft man auf Mangel an bezahlbarem Wohnraum, Anstieg der "Zweiten Miete" aus Energie- und Nebenkosten, Verdichtung, Leerstand, Verdrängung und Privatisierungen. Die Wohnungspolitik der vergangenen Jahre hat maßgeblich dazu beigetragen, dass heute in den Ballungsgebieten die Nachfrage nach Wohnungen im mittleren und unteren Preissegment nicht mehr bedient werden kann. Statt den zunehmenden Bedarf an preisgünstigen Mietwohnungen zu decken, wird der Bau von Eigentumswohnungen bevorzugt gefördert.

Gleichzeitig finden wir im ländlichen Raum Hessens einen wachsenden Wohnungsleerstand vor. Fehlende Arbeitsplätze, zurückgehender ÖPNV in der Fläche und fehlende Nahversorgung sind vielerorts Gründe für den Umzug von Menschen aus den ländlichen Gegenden in die Ballungszentren. Diese führt zu einer kaum mehr hinnehmbaren Verdichtung dort. Die Städte wachsen auf Kosten der Menschen, die dort leben. Diese Entwicklungen am hessischen Wohnungsmarkt haben zu einer erheblichen Verschlechterung der Situation vor allem für Menschen mit geringem Einkommen gesorgt.

Wir, linke Kommunalpolitiker_innen aus Hessen, fordern daher ein grundlegendes Umdenken in der Wohnungspolitik auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene.

Umkehr beim sozialen Wohnungsbau in Hessen

Die Zahl der Sozialwohnungen in Hessen ist in den letzten 20 Jahren deutlich zurückgegangen. Offiziellen Angaben zufolge gab es Ende 2011 landesweit nur noch 123.000 Wohneinheiten gegenüber 206.000 im Jahr 1991. Dieser drastische Rückgang der Förderung im sozialen Wohnungsbau führte dazu, dass Ende 2011 rund 40.000 Anträge auf Vermittlung einer Sozialwohnung nicht berücksichtigt werden konnten. Die Zahl der Haushalte mit Anspruch auf sozial geförderten Wohnraum, die auf den privaten Wohnungsmarkt ausweichen mussten und nun bis zu 50% des Haushaltseinkommens für die Miete aufbringen, liegt noch wesentlich höher.

Dieser unhaltbare Zustand muss beendet und die Investitionen im sozialen Wohnungsbau auf Landes- und kommunaler Ebene deutlich erhöht werden. Hierzu gehören vor allem auch zentrale soziale Korrekturen am vorgelegten ersten Entwurf des "Gesetzes über die Förderung von sozialem Wohnraum in Hessen" der schwarz-gelben Landesregierung.

Erhalt und weiterer Ausbau öffentlicher Wohnungsbaugesellschaften

In den letzten Jahren veräußerten Kommunen ihre kommunalen Wohnungsbaugesellschaften, um ihre klammen Finanzen, die durch Bundes- und Landesebene ruiniert wurden, zu sanieren. Die Folgen für die Mieter_innen waren stets Verunsicherungen, Mieterhöhungen und daraus resultierende Verdrängung aus ihren bisherigen Wohnungen und für die Städte zunehmende Probleme in der Stadtentwicklung, insbesondere im Erhalt und in der Verbesserung der Gebäudesubstanz.

Der massive und breite Protest, an dem auch linke Kommunalpolitiker_innen beteiligt waren, bewirkte in diesem Jahr, dass die hessische Landesregierung auf den Verkauf der landeseigenen Nassauische Heimstätte- Wohnstadt oder deren Anteile verzichtete. Nach monatelangem Hinhalten durch die hessische Landesregierung wurden die Verkaufspläne im Juni vorerst wieder zurückgenommen.

Die engagierte Beteiligung von Mieter_innen an den Protesten verdeutlicht zudem, dass das Instrument der Mieterbeiräte in öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften gestärkt werden muss, die frühzeitig in alle relevanten Fragen mit einzubeziehen sind. Die Satzungen der öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften sind dahingehend zu ergänzen.

Die Fehlbelegungsabgabe muss von der Landesregierung wieder eingeführt werden, da den Kommunen dieses Geld zum dringend benötigten Ausbau und zur Sanierung von Sozialwohnungen sowie beim Rückkauf von Sozialbindungen fehlt.

Die Verantwortung für eine soziale Wohnungspolitik ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Mieterinnen und Mieter dürfen nicht der Willkür eines freien Wohnungs- und Finanzmarkts überlassen werden. Wohnungspolitik ist eine Kernaufgabe der Landespolitik und muss das auch bleiben!

Wohnraum muss bezahlbar sein

Vor allem im Ballungsraum Rhein-Main müssen Hessens Haushalte heute häufig 40% bis 50% des Einkommens für Mieten und Nebenkosten aufwenden. Vor allem bezahlbarer Wohnraum für Ein- und Zwei-Personen-Haushalte, kinderreiche Haushalte und für Senior_innen wird immer mehr zu Mangelware. Wichtigste Ursache für diese Entwicklung ist der Mangel an sozial gebundenem Wohnraum.

Deshalb ist eine deutliche Erhöhung der finanziellen Mittel für die Schaffung von neuen, bezahlbaren Sozialwohnungen unumgänglich. Zusätzlich sollte vor Ort die Vorlage eines kommunalen Wohnraumversorgungskonzeptes eingefordert werden, der eine ausführliche Analyse des regionalen Wohnungsmarktes beinhaltet, den detaillierten Bedarf an Wohnraum analysiert und konkrete Handlungsvorschläge unterbreitet. Die Kommunen müssen wieder mehr bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen. Unvermeidlich ist dazu auch der Rückkauf von Sozialbindungen durch die Kommunen um den ständig weiter sinkenden Bestand an Sozialwohnungen umzukehren. Ebenso ist die Schaffung barrierefreier und altengerechter Wohnungen voran zu treiben.

Das Problem der "Zweiten Miete", also die stark ansteigenden Nebenkosten ist ein weiteres Problem für Mieter_innen. Auch hier muss Politik gegensteuern und geeignete Maßnahmen ergreifen. Deshalb dürfen die Kosten der Energiewende nicht einseitig den Mieter_innen aufgebürdet werden. Land und Kommunen müssen als Miteigentümer öffentlicher Versorgungsbetriebe auf eine verantwortungsbewusste Verbrauchspreisgestaltung hinwirken. Gleichzeitig müssen privatisierte Versorgungsbetriebe für Wasser, Gas und Strom rekommunalisiert werden. Die Hartz IV – Sätze für Energie müssen den Kostensteigerungen der letzten Jahre angepasst werden.

Darüber hinaus ist ein mieterfreundlicher Umgang mit energetischen Sanierungen notwendig. Um den Anstieg von Warmmieten infolge energetischer Sanierungen zu verhindern, brauchen wir ein Konzept zur sozialen Begleitung solcher Gebäudesanierungen. Die Möglichkeit zur vollständigen Umlage solcher Investitionen auf die Mieterinnen und Mieter muss abgeschafft werden.

Ziel muss es sein, dass kein Haushalt mehr als 30% des Familiennettoeinkommens für Miete inklusive Nebenkosten, aufwenden muss.

Um dieses Ziel zu erreichen werden wir uns in den Kommunen für die Wiedereinführung des Wohnraumzweckentfremdungsgesetzes einsetzen.

Förderung studentischen Wohnraums

Die Wohnraumsituation für Studierende an den hessischen Hochschulstandorten ist seit langem unzumutbar. Der derzeit aufgrund von G8 wachsenden Zahl von Studierenden steht eine unzureichende Zahl von Wohnheimplätzen gegenüber. Hessenweit können die Studentenwerke nicht einmal 10% der Studierenden mit Wohnheimplätzen versorgen. Die weit überwiegende Zahl der Studierenden muss sich am freien Wohnungsmarkt versorgen, oftmals zu völlig überhöhten Mietpreisen oder gar zu "Wohnen für Hilfe". Studierende dürfen aber weder für die Profitinteressen von Immobilieninvestoren noch als billige Haushaltshilfen ausgenutzt werden.

Die Studentenwerke und die Nassauische Heimstätte- Wohnstadt sind finanziell in die Lage zu versetzen, allen Studierenden, die einen Wohnheimplatz in Anspruch nehmen wollen, geeigneten Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

[PDF]


Anmerkung: Diese Erklärung wurde von den Teilnehmer_innen der kommunalpolitischen Konferenz am 15. September 2012 in ihrer vorliegenden Form einstimmig beschlossen.