Atomkraft "politisch nicht durchsetzbar" machen!

Fraktion vor Ort in Bensheim

Biblis läuft länger – was tun? Unter diesem Motto und mit dieser Frage war DIE LINKE-Landtagsfraktion nach Bensheim gekommen. Rund 30 Interessierte, unter anderem Aktivisten der Anti-Atom-Initiativen AK.W.ende Bergstraße und atomkraftENDE.darmstadt, waren in den Faktoreikeller gekommen, um die Fraktion über die Aktivitäten vor Ort zu informieren und über gemeinsame Widerstandsaktionen gegen die Laufzeitverlängerung zu diskutieren.

Georg Dombrowe von atomkraftENDE.darmstadt stellte die gravierenden Sicherheitsmängel des ältesten und unsichersten deutschen Atomkraftwerks in Biblis dar: Es sei weder gegen den Absturz eines mittelgroßen Flugzeugs noch gegen stärkere Erdbeben geschützt. Im Falle eines GAU müssten nicht nur die Bergstraße und Darmstadt, sondern je nach Windrichtung auch bis zu einer Million Menschen - etwa in Wiesbaden und Frankfurt - langfristig evakuiert werden.

Der rot-grüne "Atomkonsens" sei mit dem Verzicht auf notwendige Nachrüstungen wie die unbedingt erforderliche Notstandswarte erkauft worden. Die Aufkündigung dieser Übereinkunft durch die "nicht vertragsfähigen" Energiekonzerne und die schwarz-gelbe Entscheidung für eine Laufzeitverlängerung würden nun auf skandalöse Art gegen jede Vernunft und gegen die Mehrheit der Bevölkerung durchgedrückt. Die Bundesregierung sei zum "geschäftsführenden Ausschuss" der Atomlobby degeneriert - und auch die neue hessische Umweltministerin Lucia Puttrich zeichne sich nach den bisherigen Erfahrungen der umweltpolitischen Sprecherin Marjana Schott in erster Linie durch Vasallentreue gegenüber der Lobby aus. Diese Macht der Konzerne, für die nur ihre Profitinteressen, nicht aber die Gesundheit und das Leben der Menschen zählten, sei mit der Demokratie nicht vereinbar. Diese Macht müsse gebrochen werden. Hermann Schaus, kommunalpolitischer Sprecher, merkte an, dass dies durch die Re-Kommunalisierung der Energieversorgung erreicht werden könne, die DIE LINKE bei der Kommunalwahl fordert.

Ingo Hoppe von AK.W.ende Bergstraße skizzierte die Aktivitäten nach der erfolgreichen Großdemo am 18. September in Berlin. Am 23. Oktober soll mit einem "Streckenaktionstag" auf die Gefahren von Transport und Lagerung des Atommülls aufmerksam gemacht werden. In Biblis, Darmstadt und Mannheim wird zu unterschiedlichen Aktionen mobilisiert, um Öffentlichkeit zu schaffen und um den Widerstand gegen den Castor-Transport ab dem 5.11. aus La Hague vorzubereiten.

Aktivisten und Abgeordnete waren sich einig, dass der Ausstieg aus der Atomenergie nicht über die Parlamente erreicht werden könne. Ulrich Wilken stellte als Ansatzpunkte für den Protest die Sicherheit der einzelnen Atomkraftwerke, die Risiken des Transports und die völlig ungelöste Lagerung des Atommülls heraus. Es müsse einerseits deutlich gemacht werden, dass auch der Abbau der Atomkraftwerke Arbeitplätze sichere. Andererseits müsse klar werden, dass die Folgekosten nach bisherigem Stand von der Allgemeinheit und nicht von den Profiteuren der Laufzeitverlängerung getragen werden.

Für alle Beteiligten war klar, dass die parlamentarische Arbeit eine Rolle bei der Aufklärung der Bevölkerung spielen kann. Aufklärung und Widerstand müssten vor allem auf der Straße intensiviert werden, bis die Atompolitiker/innen schließlich einsehen, dass die weitere Nutzung der Atomkraft politisch nicht durchsetzbar ist. DIE LINKE sicherte den Aktivisten Unterstützung bei den im Herbst anstehenden Aktivitäten zu.