Rede von Hermann Schaus

Hermann Schaus zur Änderung des Glückspielgesetzes

Hermann SchausInnenpolitik

In seiner 76. Plenarsitzung am 15. Juni 2021 diskutierte der Hessische Landtag über die Änderung des Glücksspielrechtes. Dazu die Rede unseres innenpolitischen Sprechers Hermann Schaus.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In regelmäßigen Abständen beschäftigen wir uns hier mit Gesetzesänderungen zum Glücksspielrecht. Mal ist es der Staatsvertrag, mal ist es das Hessische Glücksspielgesetz. Das wichtigste Ziel bei der Regelung von Glücksspielen ist und bleibt, den Spielerschutz und die Suchtprävention auszugestalten.

Die Stärke des neuen Staatsvertrags liegt sicherlich darin, dass sich nach mehr als zehn Jahren endlich alle 16 Bundesländer auf eine Regelung und eine zentrale Aufsichtsbehörde verständigt haben. Der jetzt beschlossene Staatsvertrag stellt für uns aber einen Kompromiss auf dem untersten Niveau des Spielerschutzes dar und ist dahin gehend geprägt, zusätzliche öffentliche Einnahmen zu generieren. Dass die gemeinsame Aufsichtsbehörde erst 2023 ihre Aufgaben wahrnimmt, kritisieren wir weiterhin. Sie hätte auch mit Inkrafttreten des Staatsvertrags eingerichtet werden können.

Insbesondere der seinerzeit von der FDP unter Herrn Kubicki initiierte Alleingang von Schleswig-Holstein beim Onlinespiel hat zu erheblichen Problemen in allen anderen Bundesländern geführt.

Inwieweit jetzt aber tatsächlich das Onlinespiel begrenzt werden kann, bleibt für mich weiter fraglich. Wenn es nach uns ginge, dann würden wir gerne eine starre Begrenzung, so wie sie die Hessische Landesstelle für Suchtfragen e. V. in der Anhörung vorgeschlagen hat, im Gesetz sehen. In deren Stellungnahme ist auf Seite 2 Folgendes zu lesen:

Durch die Marktöffnung und ‑erweiterung ab 2021, insbesondere durch die Zulassung von Onlinecasinos und des virtuellen Automatenspiels, ist eine deutliche Zunahme von Spielanreizen und damit letztlich der Suchtgefahren zu erwarten. An dieser Stelle weisen wir auf den Handlungsspielraum des Landes Hessen hinsichtlich der Vergabe von Konzessionen für Onlinecasinospiele nach Glücksspielstaatsvertrag 2021 § 22c Abs. 1 [hin], die auf eine Konzession zu begrenzen ist.

Da ist es geradezu kontraproduktiv, wenn in dem heute Nachmittag vorgelegten Änderungsantrag der FDP in mehreren neuen Paragrafen das Onlinespiel nahezu schrankenlos gefördert wird. Diese Fortsetzung der verheerenden Politik von Kubicki, seinerzeit in Schleswig-Holstein, lehnen wir eindeutig ab. Das ist das Gegenteil von Spielerschutz und Suchtprävention.

(Beifall DIE LINKE)

Bei so einer Haltung ist es auch logisch, dass die FDP in ihrem Änderungsantrag gleich die komplette Streichung des Mindestabstands von 250 m zu bestehenden Suchtberatungs- und Suchtbehandlungsstätten sowie zu bestehenden Schulen fordert.

So etwas wäre ganz im Stil des größten Sportwettenanbieters in Deutschland, Tipico, der laut einer kürzlich bekannt gewordenen Recherche des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ plant, gezielt in Gegenden Filialen zu eröffnen, in denen Menschen mit niedrigem Einkommen und Migrationshintergrund leben. – So etwas ist schlicht unverantwortlich und muss unterbunden werden.

(Beifall DIE LINKE)

Deshalb sprechen wir uns wie der Hessische Städtetag für eine Ausweitung der Schutzzonen auf mindestens 300 m aus. Wir halten diesen größeren Mindestabstand von Sportwettenanbietern zu Kinder- und Jugendeinrichtungen für sinnvoll und notwendig.

In Anbetracht dessen, dass wir derzeit nach Aussagen der Suchtberatung allein in Hessen mehr als 31.000 Spielsüchtige, zu 90 % Männer, zu verzeichnen haben, wollen wir die Abstände zwischen den Wettbüros so groß wie möglich machen.

Ebenso soll nach unserer Meinung das Einzahlungslimit von 1.000 € pro Monat auf maximal 500 € pro Monat gesenkt werden, weil oft spielsüchtige Männer ihre Familien mit in den Abgrund reißen. Deshalb heißt es auch zu Recht in der Problembeschreibung zu diesem Gesetz unter 3 b:

Glücksspiele dürfen nicht zu einem Gut des täglichen Lebens werden. Aus Spielerschutzgründen ist ein restriktiver Umgang mit entsprechenden Angeboten zu üben.

Wie wahr, wie wahr. Wir werden darauf achten, dass dieser Grundsatz auch eingehalten wird.

Das Gesetz enthält nun auch die weitere Erhöhung der Ausschüttungen an die Destinatäre um 10 %. Darüber haben wir bereits vor gut einem Jahr kontrovers diskutiert. Wir wollten schon damals die Erhöhung um 20 % in einem Schritt, nachdem die Verbände seinerzeit nachvollziehbar dargelegt hatten, dass sie seit der davor liegenden Erhöhung im Jahr 2009 eine Kostensteigerung von ca. 30 % zu schultern hatten.

Es ist deshalb auch nicht einzusehen, weshalb die Destinatäre nicht zum Inkrafttreten des Gesetzes am 01.07.2021, sondern erst mit Beginn des Jahres 2022 diese Erhöhung erhalten sollen. Deshalb unterstützen wir den Änderungsantrag, den die SPD hierzu eingebracht hat.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Auch im Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen erkennen wir kleine Verbesserungen. So unterstützen auch wir die Festschreibung wissenschaftlicher Begleituntersuchungen zur Suchtbekämpfung.

Mit großer Sorge habe ich jedoch den Brandbrief des Hessischen Lotto- und Totoverbands gelesen, der uns letzte Woche erreichte. Auch wir als Gesetzgeber sind hier in der Verantwortung, dass die 2.065 von Selbstständigen seit Jahrzehnten betriebenen Lotto- und Toto-Annahmestellen erhalten bleiben und mit den Inhabern ordentlich und fair umgegangen wird. Sie waren es doch, die Lotto und Toto in den zurückliegenden 70 Jahren erfolgreich vertrieben haben.

Von der landeseigenen Lotto Hessen GmbH erwarten wir deshalb eine gewissenhafte Prüfung des vorgelegten Konzepts zur Stärkung der Annahmestellen und die Abkehr von einseitig gestalteten Knebelungsverträgen mit den Inhabern der Annahmestellen.

Nachdem erst heute – sozusagen auf den letzten Drücker – drei Änderungsanträge vorgelegt wurden, werden wir diese nun im Innenausschuss beraten. Schauen wir mal.

(Beifall DIE LINKE)