Rede von Hermann Schaus

Hermann Schaus - LINKE für Verbesserung von Teilzeitbeschäftigungen bei Beamtinnen und Beamten

Hermann SchausInnenpolitikWirtschaft und Arbeit

In seiner 93. Plenarsitzung am 01. Februar 2022 diskutierte der Hessische Landtag zur Erleichterung der Teilzeitbeschäftigung aus familiären Gründen. Dazu die Rede unseres beamtenpolitischen Sprechers Hermann Schaus.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Was ich an der jetzigen Diskussion am meisten bedauere, ist die Ablehnung des Angebots, das die SPD mit diesem Gesetzentwurf gemacht hat, nämlich, in eine Debatte einzutreten, wie man Familie und Beruf bzw. in dem Fall, weil es oft an den Frauen hängt, Frauenförderung und Frauenfreundlichkeit besser vereinbaren kann. Es ist selbst heute noch einmal das Angebot gemacht worden, in diese Debatte einzutreten, um zu überlegen: Wie kann man denn am sinnvollsten durch verschiedene Maßnahmen die Attraktivität des öffentlichen Dienstes verbessern? Das war und ist der Ansatz.

Wir als LINKE begrüßen diesen Ansatz, weil wir sehr wohl der Meinung sind, dass im öffentlichen Dienst, auch bei den hessischen Beamtinnen und Beamten, Regelungen greifen sollten, die zwar nicht im Detail vergleichbar sind mit denen in einem klassischen Arbeitsverhältnis, die aber, wenn man die verschiedenen gesetzlichen Regelungen nebeneinanderlegt, nicht zu einer Benachteiligung von hessischen Beamtinnen und Beamten an dieser Stelle führen.

Wenn Sie einmal einen Blick in das Teilzeit- und Befristungsgesetz werfen, finden Sie weder in § 2 noch in § 9a eine Untergrenze für Teilzeitbeschäftigung. Die gibt es bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht. Neben den 100.000 Beamtinnen und Beamten, die wir in Hessen beschäftigen, gibt es auch noch knapp 50.000 Tarifbeschäftigte – wenn Sie so wollen, in der gleichen Dienststelle –, denen die Möglichkeit gegeben ist, diese 15 Stunden zu unterschreiten, auch befristet zu unterschreiten.

Deshalb hätte ich mir sehr gewünscht, dass man über die Frage diskutiert: Wie kann man denn in der Betreuung, der Familie und insbesondere der Pflege eine Verbesserung erreichen? Braucht man da vielleicht sogar eine neue Untergrenze, die unter 15 Stunden liegt? Oder welche Maßnahmen könnten im Beamtengesetz, das wir als Parlament unmittelbar beeinflussen können, in Hessen dazu beitragen, sowohl diese gesellschaftliche Debatte zu führen als auch letztendlich zu einer Verbesserung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes zu kommen?

Diese Chance haben Sie leider verpasst, das ist so. Damit kann man sich jetzt natürlich auseinandersetzen. Ich könnte genauso gut wie Herr Bauer hier aus den Stellungnahmen zitieren. Interessanterweise sind es z. B. die Frauenund Gleichstellungsbeauftragten für Lehrkräfte in den Staatlichen Schulämtern in Hessen – einem großen Bereich, in dem Frauen beschäftigt sind –, die sagen:

Familiäre Aufgaben bedürfen in bestimmten Lebenssituationen einer geringeren Anzahl an Arbeitsstunden.

Und an einer anderen Stelle:

Da familiäre Aufgaben, d. h. die Erziehung und Pflege von Kindern oder die Pflege von erwachsenen Angehörigen wie Eltern und Schwiegereltern, leider heutzutage immer noch überwiegend von Frauen wahrgenommen werden, stellt die bisherige Regelung mit der daraus folgenden Konsequenz, bei einer geringeren Stundenzahl nicht weiterarbeiten zu können, ganz klar eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes, in diesem Falle von Frauen, dar.

Das ist auch ein Teil dieser Stellungnahme, der von Herrn Bauer geflissentlich nicht zitiert wurde, weil er nicht in die Argumentationslinie passt. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Frage der Gleichberechtigung, der Gleichstellung auch im Arbeitsleben eine große Rolle spielt.

Insofern bedauere ich sehr, dass teilweise sehr schräge Argumenten von unterschiedlicher Seite, die sich auf die volle Hingabe der Beamtin und des Beamten zum Beruf beziehen, hier als Gegenargumente angeführt werden, wobei § 34 Beamtenstatusgesetz nur deshalb geschaffen wurde – das wissen alle, die an der Diskussion beteiligt sind –, um festzustellen, dass damit die Haupterwerbstätigkeit oder die überwiegende Erwerbstätigkeit gemeint war und nicht die Reduzierung einer Teilzeitbeschäftigung, um noch eine andere überwiegende Erwerbstätigkeit wahrzunehmen. Das ist ein anderer Ansatz als der, wenn weit überwiegend Frauen in Zwangssituationen sind, weil sie Kinder betreuen müssen, die lange erkrankt sind, oder insbesondere auch pflegebedürftige Angehörige.

Hier hätten wir uns sehr gewünscht, dass die Koalitionsfraktionen in diese Debatte eintreten und wir gemeinsam nach sinnvollen Lösungen suchen, wie es in anderen Bundesländern auch möglich war, um auch für die hessischen Beamtinnen und Beamten mehr zu tun, als bisher getan wurde. – Vielen Dank.

(Beifall Axel Gerntke und Saadet Sönmez (DIE LINKE) – Stephan Grüger (SPD): Die eigenen Leute nicht überzeugt!)