Pressemitteilung von Hermann Schaus

Zehn Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU. Gefahren durch radikale und militante Rechte weiterhin sehr hoch

Hermann SchausAntifaschismusInnenpolitik

Vor zehn Jahren – am 6. November 2011 – fand die Selbstenttarnung des sogenannten ‚NSU - Nationalsozialistischer Untergrund‘ statt. Dazu erklärt Hermann Schaus, ehemaliger Obmann im NSU-Untersuchungsausschuss und aktuell Obmann im Lübcke-Untersuchungsausschuss der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag:

„Die Selbstenttarnung des NSU vor zehn Jahren hat klargemacht: Die Opfer des ersten und des letzten rassistischen NSU-Mordes, Enver Şimşek und Halit Yozgat, kamen aus Hessen. Die einst von Kanzlerin Angela Merkel gegenüber den Hinterbliebenen versprochene lückenlose Aufklärung hat leider nie stattgefunden.

Besonders in Hessen wurden Geheimhaltungsinteressen über Strafverfolgung gestellt, die Aufklärung auch im Nachhinein blockiert und ein interner Bericht für 120 Jahre zur Geheimsache erklärt. Die Rechten sind seither leider stärker geworden, gleichzeitig ist ein wirkliches Aufklärungsinteresse der Landesregierungen nicht zu erkennen.“

Die Ermittlungen im hessischen NSU-Untersuchungsausschuss hätten das Versagen im Kampf gegen rechten Terror deutlich aufgezeigt, so Schaus. Insbesondere die Rolle des zur Tatzeit am Tatort in Kassel befindlichen Mitarbeiters des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV), Andreas Temme, sei bis heute völlig dubios. Seine Telefonate mit V-Leuten rund um die Tatzeit lägen weiterhin im Dunkeln.

„Dass Temme durch das LfV sowie den damaligen Innenminister Volker Bouffier lange geschützt wurde, hat tiefe Spuren bei den Hinterbliebenen hinterlassen.

DIE LINKE hat immer versucht zur Aufklärung beizutragen und für eine politische Neuausrichtung der Sicherheitsbehörden gekämpft. Der Mord an Dr. Walter Lübcke, der Terror von Hanau und die vielen Behörden-Skandale haben gezeigt, wie steinig der Weg ist. Während wir im NSU-Ausschuss bereits 2015 Fragen zur Gefährlichkeit des späteren Mörders von Dr. Walter Lübcke und seines Umfelds stellten, wurden im Geheimdienst die Akten intern gelöscht. Die NSU 2.0-Affäre und zahllose weitere Behördenskandale zeigen zudem: Unsere Sicherheitsbehörden müssen sich endlich dem Problem des strukturellen Rassismus stellen.

All dies hätte nach der Selbstenttarnung des NSU vor zehn Jahren längst folgen müssen. Der NSU-Komplex ist und bleibt deshalb eine offene Wunde!“